Mit stil- und geschmackvollen Abendessen wird Geld für einen guten Zweck gesammelt
Um einer krebskranken Bekannten zu helfen, veranstaltete Alexandra Olsufiev vor einem Jahr vier private Wohltätigkeitsessen und sammelte Geld für die Operation. Ihre „Dinners with a Cause“ waren danach in Moskau so bekannt geworden, dass sie beschloss, weiterzumachen. Jetzt kocht sie jede Woche, die Gäste melden sich Monate im Voraus an. Mittlerweile wurden „Dinners with a Cause“ in Belgien, Frankreich, Italien und Kanada veranstaltet. MDZ-Autorin Valentina Nikiforova hat einen der Abende besucht und zu ergründen versucht, warum er so populär ist.
Die Aufzugstür öffnet sich, auf der Etage sind vier Wohnungstüren. Eine von ihnen ist halboffen, große Teelichter weisen den Weg. Im weißem Flur ist niemand zu sehen. „Hallo?“ Eine große, schlanke, dunkelhaarige Frau empfängt die Gäste — Alexandra. Anwältin und Philanthropin. Wir gehen in die Küche. Am Herd steht Banker Kirill, er ist selten in Moskau und viel in Asien unterwegs. Sein Menü ist entsprechend: Er schmort Rindfleisch mit Chili, Zitronengras und Kokosmilch im Wok. Wo kommt die Kokosmilch her? „Bei Asbuka Wkusa oder im Internet“. Allmählig treffen alle Gäste ein. Sie drücken sich zwischen die Klappstühle, laufen vorsichtig an einem Gemälde neben dem Tisch vorbei. Auf dem Bild ist eine rote Gewehrkugel auf weißem Hintergrund zu sehen. „Pushkine's Bullet“ nennt es sich. Es wird im März versteigert, das Geld kommt kranken Erwachsenen und Kindern zugute. Die monatliche Kunstversteigerung ist eine neue Idee von Alexandra im Rahmen von „Dinners with a Cause“. Das wöchentliche Abendessen ist für zwölf Personen gedacht, jeder Eingeladene spendet 1 000 Rubel. Eine Party für mehrere Hundert Menschen findet zwei bis drei Mal im Jahr statt, der Eintritt kostet mehrere Tausend Rubel. Alexandra hat bereits 40 Abendessen und vier Parties organisiert. Jetzt bastelt sie an einer eigenen Homepage. Ihr Ziel ist eine Internet-Plattform, auf der jeder eigene Wohltätigkeitsveranstaltung weltweit organisieren kann. Den Geldfluß soll eine belgische gemeinnützige Organisation steuern. Die Verwaltungskosten werden Werbepartner decken.
So lautet die Theorie. In der Praxis sitzen Anwälte, eine Kunstkritikerin, eine Designerin, Journalisten, Franzosen, Italiener, Russen, Ossetier, Kasachen, zusammen sechs Frauen, sechs Männer und die Gastgeberin, an zwei zusammengeschobenen Couchtischen im Zentrum vom Moskau. Manche tragen Hosenanzüge, andere Jeans und T-Shirts. Sie sind gebildet, kultiviert und seit langem keine Studenten mehr, aber es fühlt sich an wie eine Studenten-WG, weil sie immer noch, so Alex, „innocent to meet other people“ sind. Es wird viel geredet zwischen hausgemachtem Humus, scharfem Fleisch, Reis und Eis mit Erdbeersauce: Rechts erzählt eine Greenpeace-Mitarbeiterin, wo sie Bücher für ihre Kinder kauft, links schreibt eine Galeristin E-Mailadressen auf, um eine Vernissage-Einladung zu verschicken. Kurz nach Mitternacht machen sich die Gäste auf den Weg, im Flur legen sie unauffällig Geld in eine kleine rote Holzschatulle.
Wie jede Großstadt besteht Moskau aus vielen Parallelwelten, in denen Menschen einander nur selten begegnen. Die „Dinners with a Cause“ bilden einen Knotenpunkt zwischen den verschiedenen Welten, sie sind ein „Wurmloch“, in dem unerwartete Bekanntschaften dem eigenen Leben eine neue Wendung geben können. Die „Dinners with a Cause“ sind Wohltätigkeitsveranstaltungen, doch wohltuend sind sie auch für die Menschen, die sie besuchen.
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